Musik und Demokratie - Wie passt das zueinander?
Präsentiert von dem Musik Grundkurs der Q1 am
Tannenbusch-Gymnasium Bonn
Als uns vor ein paar Wochen unser Musiklehrer von einem Projekt des philharmonischen Chors erzählt hat, bei dem wir mitmachen, konnten auch wir uns erst einmal nichts darunter vorstellen. Was verbindet denn Musik und Demokratie?
Wir mussten uns selbst also zuerst überlegen, wie wir den Zuhörerinnen und Zuhörern erzählen sollen, dass Musik und Demokratie doch zusammen passt.
Und so haben wir begonnen zu überlegen, wo zwischen den beiden großen Themen Zusammenhänge sind.
Das Resultat aus den vielen Wochen Unterricht und unseren Überlegungen sind fünf verschiedene Präsentationen zu fünf Themen, die nicht unterschiedlicher sein können. Die Rolle von Musik und Demokratie im Sport, über die zeitliche Entwicklung im Rap, bis hin zur kulturellen Diversität in der Musik. Und doch vereint diese Themen mehr, als man vielleicht denkt.
Musik als Protest gibt es schon seit sehr langer Zeit. Zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert gaben afroamerikanische Sklaven während der Sklaverei ihre Hoffnung zum größten Teil der Musik und Religion. Dies zeigte sich in den sogenannten “Spirituals”, dem Vorläufer von Gospel und Songs. Sie haben damit einerseits ihr Leid ausgedrückt und andererseits Fluchtpläne mit Geheimsprache verbreitet.
In der Präsentation “Musik als Protestform” werden wir Ihnen vorstellen , wie Musik als Protest funktioniert und was dies in einer Gesellschaft bewirkt.
Songbeispiele zum Hören:
Public Enemy – Fight The Power
Sam Cooke – A Change Is Gonna Come
CCR – Fortunate Son
Gorillaz – Hallelujah Money
Rap und 75 Jahre Grundgesetz haben auf den ersten Blick nicht viel miteinander zu tun, doch wenn man sich das Thema genauer anschaut, gibt es dort viele Gemeinsamkeiten.
In der nächsten Präsentation werden Sie zum Beispiel etwas über den sogenannten Conscious Rap erfahren, der unter anderem soziale Themen in den Blick nahm, wie Rassismus und soziale Ungerechtigkeit.
Zusätzlich erfahren Sie etwas über moderne Rapbattles und Beef, mehr dazu in der folgenden Präsentation “Rap und Politik”.
Songbeispiele zum Hören:
Samy Deluxe – Weck mich auf
Eminem – Rap God
Bushido – Dark Knight
Musikalisierung = Demokratisierung?
05.06.2024 09:00 Uhr Tannenbusch – Gymnasium Musikraum 01
Musik und Deutschlehrer Oliver Müllenbach nimmt die Abschlussvorträge seiner 10. Klasse zum Thema Musik und Demokratie ab. Die Schüler*innen hatten die Aufgabe der Frage nachzugehen, was Musik und Demokratie mit einander zu tun haben.
Aufgerufen zum Projekt wurde vom philharmonischen Chor Bonn. Das gemeinsames Ziel, die Aufführung des Erarbeiteten fand am 19.06 im alten Bundesrat Bonn statt.
Wege der Demokratie
Im Gespräch mit der Komponistin Helena Cánovas i Parés
Die Komponistin Helena Cánovas i Parés zu ihrer Auftragskomposition Gleich laut, gleich leise.
Helena, für einen Chor ist die Uraufführung eines Werkes immer sehr spannend, ganz besonders wenn es, wie in diesem Fall, extra für uns komponiert wurde. Was waren Deine ersten Gedanken, als Du von dem Auftrag erfahren hast, für das Thema „75 Jahre Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland“ ein Chorwerk zu schaffen?
Um ehrlich zu sein, war ich anfangs völlig ratlos. Ich wusste nur wenig über die Geschichte des Grundgesetzes. Es ging also darum, sich dem Thema zu nähern, was ich als eine sehr schöne Herausforderung empfand. Ich bin auch nicht in Deutschland geboren und habe natürlich eine ganz andere Sichtweise auf bzw. Erfahrung mit dem Grundgesetz und seiner Entstehung.
Aber ich habe von Anfang an versucht, eine Art Phantasie oder Poesie zu finden. Für mich war von Beginn an klar, dass ich mich nicht an etwas allzu Historisches oder Dokumentarisches halten wollte, sondern eine eigene musikalische Dramaturgie schaffen
wollte.
Wie bist Du konkret beim Komponieren vorgegangen? Hast Du erst einen passenden Text gesucht und ihn dann quasi vertont? Oder hast Du erst musikalische Ideen gesammelt?
Heili Schwarz-Schütte, die Verfasserin des Textes, und ich haben schon zuvor zusammengearbeitet und haben auch einen bestimmten Ablauf, der vielleicht etwas
ungewöhnlich aussieht. In diesem Fall haben wir komplett parallel gearbeitet, sodass es keinen Text gab, als ich mit dem Komponieren begann.
Der erste Schritt im musikalischen Prozess war, am Klavier zu sitzen, Akkorde zu suchen und sie in meiner Stimme selbst zu finden. Glücklicherweise singe ich sehr oft und sehr gerne, auch in einem Chor, und das ist ein Glück, weil ich immer versuche, das, was ich für die Stimme schreibe, sofort selbst zu erleben. Gleichzeitig habe ich mir Gedanken über die Form des Stücks gemacht. Ich konnte mich mit Heili, aber auch mit dem Chorleiter Paul Krämer darüber austauschen, was auf
meinem Schreibtisch passierte. Heili hat einen wunderbaren Text geschrieben, der dann an einem Punkt zu mir kam, an dem ich schon viel Musik geschaffen hatte. Aber den endgültigen Text zu integrieren war kein Problem, weil Heili meine musikalischen Gedanken schon kannte und hörte.
Der Text von Heili Schwarz-Schütte wurde speziell für Deine Komposition geschrieben. Wir möchten gerne etwas zum Hintergrund erfahren.
Für mich war es von Anfang an wichtig, mit jemandem zu arbeiten, der den Text für dieses Stück schreibt. Ich habe schon selbst Texte für meine eigenen Stücke geschrieben (sogar auf Deutsch!), jetzt aber wollte ich das Stück in Zusammenarbeit schreiben. Heili hat den größten Teil des Textes selbst geschrieben. Ich denke, es ist ein Text, der sehr stark versucht, eine Emotionalität zu treffen. Ein Text, den Heili auch direkt geschrieben hat, mit dem Wissen, dass er von einem Chor gesungen wird. Ich denke, der Text versucht, sehr
ermutigend zu sein, aber auch Fragen zu stellen.
In ihren Text hat Heili aber auch Zitate – die oft sehr fragmentarisch sind – aus dem Grundgesetz sowie aus zwei Reden von Konrad Adenauer, die er im Zusammenhang mit der Entstehung des Grundgesetzes
gehalten hat, integriert.
Welche Besonderheiten hast Du in Deiner Komposition verarbeitet? Hast Du zum Beispiel beim Komponieren
musikalische Traditionen mit einbezogen?
Ich habe von Anfang an mit einer ganz einfachen formalen Idee gearbeitet, die lautete: Der Chor weiß nicht mehr, wie er zusammen singen soll, sondern er sucht nach einer neuen Art des gemeinsamen
Singens. Aus diesem Impuls heraus habe ich verschiedene Momente entwickelt, die zunächst etwas schüchtern und statisch sind, in denen Bewegung gesucht wird. Fast am Ende des Stückes kommen wir zu einer Art Choral, der selbstverständlich auf der musikalischen Tradition basiert, aber natürlich mit meinen eigenen Harmonien. Die Form eines Chorals zu wählen, war in diesem Fall etwas sehr Intuitives, fast Natürliches, vor allem in Verbindung mit dem Thema.
Der Chor wird bei dem Stück von zwei Pianisten begleitet und es gibt auch Solostimmen. Erläutere doch bitte kurz die verschiedenen musikalischen Rollen und das Zusammenspiel von Chorsängern, Solosängern und
Pianisten.
Die Klavierstimmen und die Solostimmen im Chor sind wichtige Elemente des Stücks. Zum einen spielen die beiden Pianisten immer sehr unterschiedliche Rollen: von der Begleitung über die Hauptperson bis hin zum Gegenspieler des Chores.
Die Solostimmen begleiten den Prozess des wieder gemeinsamen Singens. Sie sind nicht als große Solostimmen gedacht, sondern eher fragmentarisch; so etwas wie kleine Steine, die nach und nach kommen und eine Mauer bilden. Unser Anliegen ist es, mit der Aufführung dieses Werkes die Zuhörenden aufzurütteln und ihnen die Botschaft mitzugeben, dass Freiheit, Menschenrechte und Demokratie stets aktiv verteidigt werden müssen, da diese nicht selbstverständlich sind und immer Gegner und Kritiker haben.
Was hat Dich in diesem Zusammenhang beim
Komponieren inspiriert, bewegt, herausgefordert oder gar verändert?
Ich finde es immer wichtig, wenn ich ein neues Stück schreibe, dass es eine klare Botschaft hat. In diesem Fall würde ich mir wünschen, dass das Publikum das Stück nicht aus der Ferne hört, sondern dass es sich auch darin wiederfindet, dass es vielleicht ermutigt wird, zu sprechen, sich auszudrücken, aber dass es sich auch diesen Fragen stellt, die wir in dem Stück
stellen. Meiner Meinung nach ist das Schlimmste in einer Gesellschaft das Schweigen, die Neutralität gegenüber den Problemen, die wir haben. Ich hoffe,
dass dieses Stück viele Menschen dazu ermutigt, sich zu äußern.
Über das Werk "Gleich laut gleich leise"
23.04.2024_ 18:00 Uhr _ Tannenbusch Gymnasium Bonn.
Gleich wird Helena Canova Pares die ersten Töne ihres eigenen Stückes gleich laut gleich leise hören. Geprobt wird es vom philharmonischen Chor Bonn. Wir haben die Komponistin gefragt, was Ihre Anregungen und Ideen hinter der Auftragskomposition gewesen sind. Anlässlich des 75. Jubiläumsjahres des Grundgesetzes wurde der Auftrag an die in Köln lebende Komponistin vergeben.
Vita der Künstlerinnen und Künstler
Helena Cánovas i Páres
geboren 1994 in Tona, Barcelona, ist eine freischaffende
Komponistin. Sie absolvierte 2017 ihr Bachelorstudium in Komposition an der Musikhochschule von Aragón (Zaragoza). Derzeit lebt sie in Köln, wo sie die
Masterstudiengänge „Instrumentale Komposition“ bei Prof. Markus Hechtle und „Komposition Elektronische Musik“ bei Prof. Michael Beil an der Hochschule für
Musik und Tanz erfolgreich abgeschlossen hat. Ihre Kompositionen entstanden im
Zusammenarbeit mit Ensembles wie Musikfabrik, FRAMES Percussion, Meitar Ensemble, Trio Vis-a-vis oder handwerk. Sie erhielt Kompositionsaufträge u. a.
vom Acht Brücken Festival, Theater Bielefeld, Theater Bonn und Neue Musik.
Helena Cánovas i Páres wurde bereits mehrfach ausgezeichnet: mit einem Stipendium
für einen Künstleraufenthalt im „Etopia Centro de Arte y Tecnología“ in Zaragoza (2016/2017), dem Stipendium „Beca Artística Ciutat de Vic“ (2019), dem
„D-bü“-Preis zusammen mit ihren Kolleg*innen vom ““Oops Kollektiv“ (2020), dem „Carmen Mateu Young Artist European Award“ der Fundació Castell de Peralada (2021) und mit der Förderung „Neustadt Kultur“ (2022). Zurzeit ist sie Stipendiatin der
Akademie Musiktheater Heute (Jahrgang 2022–2024).
Ihr Interesse an der Musikvermittlung hat zu weiteren spannenden Aufgaben geführt, vom Konservatoriumsunterricht in Spanien bis zu Kompositionsworkshops in Zusammenarbeit mit dem Beethoven Orchester Bonn. Seit 2019 ist Helena
Cánovas i Páres zudem künstlerische Leiterin des Festivals „AvantGarten Liedberg“, und seit Ende 2022 arbeitet sie an der Deutschen Oper am Rhein in der Sparte „Junge Oper“.
Chikako Miyado
wurde 1994 in Hiroshima (Japan) geboren und begann bereits im Alter von vier Jahren mit dem Klavierspiel. Von 2002 bis 2007 wohnte sie in Düsseldorf und lernte Klavier bei Frau Ayako Koyama. Von 2013 bis 2017 studierte sie als Stipendiatin an der Tokyo College of Music in der Klaviersolisten-Klasse bei Prof. Kazuko Sumi und Herrn Motoi Kawashima. Sie nahm an Meisterkursen von Prof. Eliso Virsaladze, Prof. Andreas Frölich und Prof. Ronan O’Hora teil. Sie ist mehrfache Preisträgerin solcher Wettbewerbe wie dem Bundeswettbewerb „Jugend Musiziert“ (erste Preise als Solistin sowie im Klavierduo, 2005 und 2006), 17. Osaka International Music Competition (3. Preis, 2016) und 18. Japan Player’s Competition (Sonderpreis, 2016). 2018 wurde sie in die Masterklasse Prof. Fabio Bidini an der Hochschule für Musik und Tanz Köln aufgenommen, woran sie ihr Konzertexamen anschloss. Ergänzend dazu studiert sie dort seit 2020 Klavierkammermusik bei Prof. Anthony Spiri.
Klavierduo Miyado & Olejak
Denis Walter Olejak
kam 1996 im schlesischen Rydultau (Polen) in einer deutschen Familie zur Welt. Er ist Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes, wurde in das von Yehudi Menuhin gegründete Programm „Live Music Now“ aufgenommen. Er ist Preisträger von Wettbewerben für Klavier, Kammermusik und Harmonielehre. Als Solist, Kammermusik- und Liedduopartner trat er in Deutschland, Frankreich, Italien, Griechenland, Polen und in der Schweiz auf. Er nahm verschiedene Rundfunk- und Fernsehproduktionen auf. Seit 2016 studierte er Klavier, Tonsatz, Hörerziehung und Instrumentalpädagogik bei Josef Anton Scherrer, Sheila Arnold und Johannes Schild an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln sowie bei Frank Zabel und Hans-Peter Reutter in Düsseldorf. Weitere Impulse erhielt er u. a. von Andreas Staier, Anthony Spiri, Bernd Goetzke, Manfred Aust und Bart van Oort. Zu seinen Kompositionen gehören u. a. die vierstimmige Tripelfuge für Klavier solo Fuga fracta (2018 bei Eichen Musikverlag erschienen), Aus Goethes Faust für gemischten Chor und Klavier – ein Auftragswerk der Chorakademie am Konzerthaus Dortmund (2019 im „Chorbuch Beethoven“ veröffentlicht) – sowie mehrere Bearbeitungen verschiedener Werke für Klavier zu vier Händen.
Das Klavierduo wurde 2018 gegründet. Es erhielt u. a. das Stipendium der Werner Richard – Dr. Carl Dörken Stiftung und wurde in die Reihe „Best of NRW“ aufgenommen.